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Die stärksten Männer

Datum: 21.12.2023
Von: Kathrin Thoma-Bregar

Anton Geierstanger war Holzknecht. Der 83-Jährige hätte nie etwas anderes machen wollen - auch wenn die Arbeit kräftezehrend und das Leben im Wald entbehrungsreich war. Für ihn ist es der schönste Beruf der Welt.

Angesehener Beruf

Als Anton Geierstanger Mitte der 1950er Jahre mit der Schule fertig war, gab es in Ruhpolding so gut wie keine Lehrmöglichkeiten. Die jungen Burschen gingen entweder bei einem Bauern in Dienst oder in einem Sägewerk. Der 14-Jährige Anton war einer der wenigen, die als Arbeiter beim Forstamt unterkam. Weil er sich gut anstellte und verlässlich war, bot man ihm nach zwei Jahren einen Lehrvertrag an - was damals einem Ritterschlag gleichkam. Zum Holzknecht taugten nur starke, kräftige, zähe Mannsbilder. „Holzknecht war in Ruhpolding ein angesehener Beruf, der angesehenste überhaupt“, sagt Anton Geierstanger.

Das Jahr der Holzknechte

Vom Frühjahr bis in den Herbst waren die Holzknechte früher mit der Schlägerung beschäftigt. Weil das Holz im Sommer gut trocknen konnte. Es war dann einfacher zum Entrinden und leichter zum Abtransportieren. In diesen Monaten lebten die Männer unter der Woche mit ihrer Partie in einer Holzstube im Wald. Eine Partie bestand meistens aus vier Holzknechten. Der Arbeitstag begann um sieben Uhr morgens. „Aber wir mussten oft schon eine Stunde früher aufbrechen, je nachdem wo wir einen Hieb hatten“, erinnert sich Anton. Ein Hieb bezeichnet das Abholzen und Freimachen einer Waldfläche. Für die Mittagspause hatten die Männer eine Brotzeit dabei, oft waren es Reste vom Abendessen. Das mussten sie sich täglich in ihrer Stube selbst zubereiten, etwa das "Muas", eine einfache Mehlspeise aus Mehl, Wasser und fettigem Schmalz. „Ich habe das nicht gemocht“, erinnert sich Anton Geierstanger. Lieber waren ihm Knödel, Sauerkraut und ein Stück Schweinespeck, das sich am nächsten Tag gut kalt essen ließ. Auch Nudeln, Dosenfleisch und Streichkäse nahmen die Männer mit. „Das Problem war, dass nichts lange gehalten hat, es gab ja keine Möglichkeit Lebensmittel zu kühlen“.

Im Spätherbst mussten die Holzknechte die im Sommer geschlagenen Stämme auf einen sogenannten "Ganter", einem Holzstapel, zusammentragen, um sie dann im Winter auf dem Zugschlitten befestigt ins Tal zu bringen. Erst als 1965 in Ruhpolding die ersten Forststraßen gebaut waren, entfiel dieser gefährliche Abtransport.

Eine Motorsäge kaufte sich Anton Ende der 50er Jahre, als er begann in einer Holzknecht-Partie zu arbeiten. Damit gehörte er zu den Ersten. Es war üblich, dass sich die Männer ihre Werkzeuge selbst anschaffen mussten. 1.200 Mark hat die Motorsäge gekostet, das weiß Anton noch genau und dass es viel Geld war damals, trotz des staatlichen Zuschusses. „Aber man war damit viel schneller und konnte dementsprechend mehr verdienen“. Die Männer wurden nämlich nach Akkord bezahlt. Ganz früher gab es Holzmeister, die eigene Knechte einstellten. Ab Beginn des 20. Jahrhunderts stellten die Forstämter selbst die Holzknechte ein. Ihren Lohn handelte der jeweilige Partie-Vorarbeiter aus.

Wenn das Leben als Holzknecht auch hart war, entbehrungsreich und gefährlich, so war es doch auch frei und selbstbestimmt, abseits der Zwänge eines Dorflebens. „Das schönste war die ruhige Stimmung in der Früh. Oder wenn wir mittags schnell mal aufs Hörndl gestiegen sind oder wir den Mittagsschlaf auf der Wiese um eine halbe Stunde verlängert haben. Da hat keiner was gesagt, wir haben unsere Leistung ja trotzdem gebracht“, sagt Anton Geierstanger.

Er hat einige Jahre als Holzknecht gearbeitet, er war sogar bei der Holzfällerweltmeisterschaft im amerikanischen Wisconsin und ging später als Lehrmeister an die Waldarbeiterschule in der Laubau. Noch heute streift Anton liebend gerne durch den Wald.

»Ich hatte den schönsten Beruf der Welt.«

Anton Geierstanger

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