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Auf Spurensuche - Waldbahn

Datum: 14.07.2024
Von: Kathrin Thoma

Januar 1919, über Ruhpolding wütet ein gewaltiger Föhnsturm. Er reißt riesige Bergwaldbestände im Bereich der Winklmoosalm und in den Bayerischen Saalforsten nieder. Unvorstellbare Mengen von Holz müssen aus den Wäldern transportiert werden. Aber wie? Von Ruhpolding nach Reit im Winkl gab es damals nur eine unbefestigte Forststraße. Daher beauftragte die Ministerialforstverwaltung in München eine 60 Zentimeter breite, einfache Holztransportbahn von Seegatterl nach Ruhpolding.

Das Projekt kam zur richtigen Zeit, die Arbeitslosigkeit war so kurz nach dem Ersten Weltkrieg hoch. Außerdem witterte man in Ruhpolding und vor allem in Reit im Winkl eine einmalige Chance. Bis dato wurde nämlich jeder Antrag auf Bahnanbindung des damals noch kleinen Ortes abgelehnt. Eine Trasse von Marquartstein scheiterte an technischen Schwierigkeiten bei der Überwindung des Maserer Sattels und einem Höhenunterschied von 300 Metern. Die lange Streckenführung von Ruhpolding erschien den Baubehörden zu unwirtschaftlich. Die beiden Gemeinden setzen also alles dran, dass die Gleisanlage der neuen Waldbahn auf eine Spurbreite von einem Meter ausgeweitet und bis Reit im Winkl gebaut werden würde, um auch Fahrgäste befördern zu können. Nach langen Verhandlungen hatten sie Erfolg: Die „Staatliche Waldbahn“ nahm im Herbst 1922 zunächst den Güter- und einige Wochen später auch den Personenverkehr auf.

Allerdings stand sie unter keinem guten Stern. Ein Problem waren die beiden Bahnhöfe an den Endstationen. Anschlussreisende mussten daher rund 600 Meter zu Fuß marschieren, um den Zug zu wechseln. Lediglich für den Holztransport bestand eine unmittelbare Anbindung. In Reit im Winkl lag der Endbahnhof auf Forstgrund und sogar 20 Gehminuten außerhalb des Ortes. 

Außerdem stellte sich schnell heraus, dass die Kurven teilweise zu eng angelegt und Steigungen sowie Gefälle zu wenig ausgeglichen waren. Ende der zwanziger Jahre kam es zu einem schwerwiegenden Unfall. Schon im ersten Winter 1922/1923 zeigte sich zudem, dass bei der Trassenführung die Lawinensituation nicht richtig bedacht gewesen war. Es fehlte an Schutzbauten, immer wieder wurden die Gleise verschüttet. Die Waldbahn musste sich durch haushohe Schneisen ihre Spur kämpfen.

Es kam vor, dass die männlichen Fahrgäste Schaufeln in die Hand gedrückt bekamen, um Schnee zu räumen.

Als Ende der 1920er Jahre eine Postbuslinie von Marquartstein nach Reit im Winkl fuhr, nutzten immer weniger Gäste die ohnehin schon tief in den roten Zahlen steckende Waldbahn. Im Oktober 1931 wurde der Personenverkehr eingestellt, im Dezember dann auch der Holztransport. Der einsetzende LKW-Verkehr erwies sich als wesentlich günstiger. Die Gleisanlagen hat man allerdings erst 1940 abgebaut. Heute wird die einstige Trasse als Wander- und Fahrradweg und im Winter auch als Skiwanderweg genutzt. Die kleine Bahn, die sich einst ganz beschaulich und ohne Hektik durch ein wundervolles Tal mit traumhaften Seen und Bergansichten schlängelte, bleibt aber in romantischer Erinnerung.

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